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Teddy Stauffer - Entlebucher und Emmentaler Musikarchiv

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Teddy Stauffer

Emmentaler Musikerinnen-Musiker



Teddy Stauffer, gebürtig Ernst Heinrich Stauffer, auch Ernest Henry Stauffer (* 2. Mai 1909 in Murten, Schweiz; † 27. August 1991 in Acapulco, Mexiko)

Teddy  Stauffer war Bürger von Eggiwil, wuchs in Murten und in Bern auf, sein Vater Ernst war Fahrrad- u. Nähmaschinenhändler und ab 1910 Weibel im Bundeshaus in Bern. Teddy Stauffer spielte dort ab 1927 Geige  und Saxophon in einer Amateurband und begann 1928 mit seinem Orchester Teddy and his Band in Deutschland aufzutreten. Ihr erstes Engagement hatten die Teddies als Caféhaus-Kapelle in Gleiwitz.  (Wer kennt schon Gleiwitz, die oberschlesische Industrie- und  Theaterstadt nahe der polnischen Grenze? Aber 1939 war es eine  Grossstadt mit mehr als 117`000 Einwohnern.)

Berlin wartete nicht auf die Teddies,  die laut Stauffer in den ersten Tagen und Wochen, ohne Engagement und  ohne Geld, nicht selten hungerten. Doch der Zufall eroeffnete eine  Chance. Waehrend sie in einer Agentur vorsprachen, unterhielten sich die  vier so, »wie wir in Bern auf der Strasse geredet hatten, und das war  eine Sprache, die oft sogar unsere Eltern nicht verstanden«. Der  Berliner Agent hielt sie jedenfalls für englische Musiker – was die Teddies  zu ihrem Vorteil spontan bejahten. Eine Jazzband aus dem mondaenen  London liess sich um einiges leichter vermitteln als eine aus der  provinziellen Schweiz.

1935 hatte Stauffer in New York Duke Ellington und Glen Gray  gesehen. Nachdem die Band auf einem Luxusdampfer von New York aus die  Karibik und den Atlantik durchquert hatte, in Italien und wieder in der  Schweiz aufgetreten war, kehrte sie im Sommer 1936 nach Berlin zurück.  Und diesmal wartete die deutsche Hauptstadt auf die Teddies. Die beiden grössten und schönsten Tanzpaläste, das Delphi und das Femina,  öffneten ihnen die Tore. Die Olympischen Sommerspiele brachten noch  einmal die ›Illusion künstlerischer Freiheit‹ nach Deutschland. Bereits  nachmittags seien die amerikanischen Touristen in den Delphi-Palast zum Swingen gekommen. »Und mit den Amerikanern tanzten die Berliner.« Bei Telefunken entstand die erste von rund hundert Schallplatten, Goody Goody,  und wurde rund 700 000 Mal verkauft. 1936 erhielt er von Elfriede  Scheibel, der Besitzerin des Berliner Delphi-Palastes ein viermonatiges  Engagement vom Juli bis Oktober 1936. Dieses Gastspiel begründete den  Ruf des Delphi als Swing-Bühne.

Doch  nach 1936 nahm der Druck zu. Die Nazis verachteten die Musik aus  Amerika, Jazz durfte nicht mehr im deutschen Rundfunk gespielt werden  und oeffentliche Auftritte wurden schwieriger. Teddy Stauffer, der ›das  braune Pack nicht ausstehen‹ konnte, erzaehlt bei einem spaeteren  Interview: »Wir spielten 1936 in Leipzig, im Felsenkeller, wo auf der Bühne und vor der Tanzfläche grosse Plakate hingen: Swing tanzen und Swingmusik verboten – Reichskulturkammer.  Zwischen zwei Musikstücken kam plötzlich die Gestapo auf die Bühne und  stoppte das Konzert. Der Gestapoleiter sagte ganz formell: ›Man hat  reklamiert, dass Sie Swingmusik spielen.‹ Da meinte ich: ›Ja, was ist  denn das, Swingmusik?‹ Er konnte es natürlich nicht erklären.«

Stauffer  imitierte den ruppigen Tonfall des Gestapo-Mannes: ›Spielen Sie keine  deutschen Schlager?‹ Da habe ich zu meinen Musikern gesagt, Nummer 43,  das war Bei mir bist Du schön. Das hört  sich schön deutsch an, ist aber ein hundertprozentig jüdisches Lied. Das  haben wir dann gespielt, aber die Gestapo sagte, dies sei immer noch  amerikanische Negermusik. Daraufhin spielten wir den Bugle Call Rag, aber im Marschrhythmus. In seinem Klarinettensolo hat Ernst Höllerhagen  dann über das Horst-Wessel-Lied, die inoffizielle Nazi-Hymne,  improvisiert. Das war so der Anfang von meinem Ende in Deutschland.«

Zu den Original Teddies gehörten von Anbeginn der Berliner Posaunist Walter Dobschinski und der Stuttgarter Trompeter Kurt Hohenberger, der 1937 zur Goldenen Sieben gehörte, dazu die Schweizer Trompeter Bob E. Huber und Rudi Dumont. An der Klarinette war Franz Thon (ebenfalls Goldene Sieben)  zu finden, doch schied er 1937 aus, da seine Gagenforderung mit 1000.-  RM höher war als das Gehalt, das sich Stauffer selber zubilligte.
So kam es zur Umstrukturierung im Orchester, ab 1937 wurde es vergrössert, und es gelangten der Klarinettist und Satzführer Franz »Teddy« Kleindin (lt. anderen Quellen schon 1936) und, vom Orchester Kurt Hohenberger kommend, der Klarinettist Ernst Höllerhagen hinzu.

In der zweiten Haelfte der Dreissigerjahre galten die Teddies laut Roth bei vielen »als eine der besten kontinentaleuropäischen Swingbands«. Die Teddies  spielten viele der Swing-Hits als erste ein. »Durch einen Notenservice  haben wir uns immer die neuesten Hits nach Berlin schicken lassen, und  wir waren dann immer die ersten, die sie in Europa auf Schallplatte  hatten.«
Jaehrliche Reisen nach St. Moritz und Arosa, aber auch ein  Gastspiel in London, sorgten für internationalen Glanz. Aus London  brachte Stauffer die Sängerin Betty Toombs mit, von der einige Telefunken-Aufnahmen von 1938 existieren. Sie uebte auch die Aussprache mit dem Gitarristen und Sänger Billy Toffel, der die Jahre zuvor ausschliesslich phonetisch englisch sang, ohne Englisch zu verstehen. (Ich finde, er machte es besser als Charlie Schwedler bei Templins »Charlie and his Orchestra«).

Es folgten phasenweise Umbesetzungen u. a. mit dem Trompeter Harry Günther (Duke) Herzog und dem Klarinettisten Benny de Weille. Bis 1939 trat er mit seiner Original Teddies-Band  vor allem in Berlin und Hamburg auf. Mit seiner jazzigen Swingmusik  bekam Stauffer jedoch zunehmend Aerger mit der Reichsmusikkammer.

Der Voelkische Beobachter, die Tageszeitung der Nazis, und ein Musikfachblatt griffen Stauffer und die Band an und schrieben: Raus mit diesen Ausländern und der Judenmusik. Das Ende der Schweizer Swing-Band in Deutschland war abzusehen.

Als der verrueckte Oesterreicher in der Berliner Reichskanzlei 1939 den Ueberfall auf Polen befahl, spielten die Teddies auf der Schweizer Landesausstellung, in Vertretung des Orchesters von Jimmie Lunceford,  das wegen des drohenden Kriegs abgesagte hatte. Am folgenden Tag  blieben von den achtzehn Bandmitgliedern noch drei – alle anderen waren  zum Militaerdienst eingezogen worden, in der Schweiz oder in  Deutschland, Belgien und Holland. Bis auf den Deutschen Höllerhagen mussten saemtliche deutschen Mitglieder der Teddies die Schweiz verlassen. Ein geplantes Gastspiel ab September 1939 in der Berliner Femina kam nicht mehr zustande.

Innerhalb weniger Wochen stellte Stauffer ein neues Orchester zusammen, mit dem er im Zürcher Kursaal und im Palace  in St. Moritz auftrat. 1940 waehlten ihn die Leser der »Schweizer  Illustrierten« hinter General Guisan zum zweitbeliebtesten Schweizer.  Und trotzdem wanderte er im Fruehsommer 1941 über das unbesetzte  Frankreich, Spanien und Portugal in die USA aus. Nachdem in Berlin Jahre  zuvor die ›Liebe seines Lebens‹, eine halbjuedische Russin, im Terror  der Nazis umgekommen war, band ihn ›nichts mehr an Europa‹. Viele Monate  spaeter strandete Stauffer in Acapulco und wurde zum beruehmten »Mr. Acapulco«.

Nach dem Weggang von Teddy Stauffer 1941 leitete Eddie Brunner die Original Teddies; dazu gehoerte nun auch Hazy Osterwald, der bereits seit 1941 Arrangements für die Band schrieb. Doch konnte die Band nicht an die alten Erfolge anknüpfen


Teddy Stauffer heiratete fuenfmal, u.a. die Schauspielerinnen Faith  Domergue und Hedy Lamarr. Er hat eine Tochter: Melinda Morgan Stauffer,  die in Italien lebt. Nach seinem Tod wurde seine Asche in die Fluten des  Pazifiks gestreut, wie es sein letzter Wille war.









Teddy Stauffer - St. Louis Blues - 1936


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